Was gehört zu einer Schatztruhe voller Geschichten? Genau! Die richtigen Wortschätzchen, die deine Erzählungen lebendig werden lassen, die nach dir klingen und nach der Magie des deines Lebens. Denn Leben ist immer magisch. 

Deine Worte vermitteln nicht nur Informationen, sondern lassen auch Bilder und Gefühle im Kopf (in deinem oder dem der Leserinnen) entstehen. Ein treffender Ausdruck kann nach Heimat schmecken, Sehnsucht wecken, Trost spenden oder Freude bringen. Magische Wörter lassen deinen Text leuchten. Sie lassen dich selbst tiefer in die Geschichte eintauchen. Und falls du für andere Menschen schreibst, werden sie dir und der Geschichte mitfühlender folgen.

Doch wie gelingt es, diese magischen Wörter zu finden und gezielt einzusetzen, ohne dass der Text überladen wirkt? Das richtige Gleichgewicht zu finden – zwischen poetischem Ausdruck und Klarheit, zwischen Atmosphäre und Verständlichkeit ist eher Handwerk als Kunst.

Show, don’t tell

Zeigen, nicht erzählen. Diesen Satz findest du in quasi jedem Schreibratgeber. Und vielleicht denkst du, „Moment, ich will die Geschichte aber doch erzählen“. Doch wenn du dir wünscht, dass Leser oder Leserin deine Emotionen nachfühlen können, dann reicht es nicht aus, zu sagen; „Ich war den ganzen Tag traurig!“ Als Leserin kann ich dir das glauben, aber ich kann es nicht fühlen.

Ganz anders bin ich bei dir, wenn du schreibst: „Der Kloß im Hals wurde immer größer. Ich presste die Lippen aufeinander, atmete tief ein und hielt die Tränen zurück.“ Das kenne ich auch von mir. Jetzt musst du die Trauer nicht mehr erwähnen, weil ich sie bereits fühle.

Und vielleicht magst du ja auch die abgegriffene Metapher vom Kloß im Hals nicht. Stattdessen beschreibst (zeigst) du, was in deinem Körper und deinen Gedanken vorgeht: „Ein schwerer Druck verengte meine Kehle und machte mir das Schlucken schwer. Meine Stimme zitterte, während mein Körper versuchte, die Flut aus unausgesprochenen Worten und verletzen Gefühle zurückzuhalten.“

Was macht Wörter schön?

Wörter haben eine Bedeutung, einen Klang, einen Rhythmus. Sie können die Geschichte vorantreiben oder verlangsamen. Indem du deinen aktiven Wortschatz erweiterst, wirst du immer genauer sagen können, was du ausdrücken möchtest. Wie wäre es mit einer Sammlung von Wortschätzen nach Kategorien?

Magische Wortkategorien

Sinnliche Wörter sprechen einen oder mehrere Sinne an und verdeutlichen die Vielfalt sinnlicher Erfahrungen.

  • Flüstern (Hören)
  • Samtig (Fühlen)
  • Schimmern (Sehen)
  • Würzig (Schmecken)
  • Duftend (Riechen)

Emotionale Wörter sind die Wegweiser für deine Gefühle, von positiv bis melancholisch. Aber auch Ärger und Wut dürfen sein (und sind erst mal nicht negativ).

  • Sehnsucht
  • Geborgenheit
  • Euphorie
  • Melancholie
  • Ehrfurcht

Bildhafte Wörter erzeugen bei deinen Leser*innen starke visuelle Vorstellungen.

  • Sternenstaub
  • Wellengang
  • Feuerzunge
  • Nebelschleier
  • Mondlichtbad

Klangvolle Wörter bringen ebenfalls Magie in die Geschichte.

  • Melodie
  • Harmonie
  • Rhythmus
  • Kaskade
  • Sphäre

Persönliche Wörter lassen deine Erzählstimme einzigartig klingen. Es sind Wörter, an denen die Leserinnen dich oder deine handelnden Personen wiedererkennen werden. Meine alte Tante, die immer und überall „Vom Feinsten!“ ausrief, könnte in meinen Geschichten wohl nirgends auftreten, ohne diesen Ausruf.

Archetypisch schreiben

Um deine Erzähstimme besser kennenzulernen, könnte es hilfreich sein, dich mit den Archetypen zu beschäftigen. Jeder von ihnen hat seine eigene Sprache. Ich bin der Entdeckerinnen-Typ, deshalb liest du häufig, dass xy ein guter Weg ist oder dass ich dich mit auf eine Reise nehme (siehe oben). Das sind meine Wörter.

Würdest du drei verschiede Archetypen, eine Entdeckerin, eine Liebende und eine Kreative bitten, ein und denselben  Sonnenaufgang am Meer zu beschreiben, so entstünden drei völlig unterschiedliche Beschreibungen.

Die Entdeckerin: 
„Da ist es. Beim ersten Lichtstrahl, der den Horizont durchbrach, spürte ich, dass dieser neue Tag nur auf mich gewartet hat. Das Meer erstreckt sich weit und offen vor mir, wie ein Versprechen von etwas Großem, das ich noch nicht kenne. Jeder Schritt im Sand fühlt sich nach Freiheit an.“

Die Liebende:
„Es ist, als würde mich die Sonne umarmen. Ihre Strahlen legen sich sanft auf meine Haut. Der Himmel färbt sich in den schönsten Tönen. Für einen Moment ist die Welt perfekt. Ich spüre Dankbarkeit. Nicht nur für diesen wunderschönen Morgen, sondern auch für das Leben.“

Die Schöpferin/Kreative:
„Die Farben! Dieser Sonnenaufgang ist wie ein Gemälde, das sich vor meinen Augen entfaltet. Der Himmel wechselt von tiefem Blau zu einem feurigen Rosa, und dann dieses warme Gold, das die Wellen zum Glitzern bringt. Ich könnte das stundenlang beobachten und in meinen Gedanken entstehen schon die ersten Ideen. Dieser Moment ist pure Inspiration.“

Sammlung magischer Wörter

So findest du magische Wörter und erweiterst deinen Wortschatz

Wort-Sammlungen anlegen

Mein Tipp Nummer Eins lautet Lesen, Lesen, Lesen. Wann immer du Formulierungen findest, die für dich magisch sind, darfst du sie dir festhalten. Vielleicht magst du dir ein Wörterbuch anlegen, in dem du deine Wortschätze sammelst.

Oder du legst dir, so wie ich, eine Wortschatzkiste an, in der Lieblingswörter landen. Die kleinen Karteikarten (DIN A7) eignen sich super als Lesezeichen und sind gleichzeitig die Basis für meine Sammlung. Möchte ich einem Text eine bestimmte Färbung geben, dann begleiten ausgewählte Wörter meinen Schreibprozess auch optisch.

Außerdem lese ich gern digitale Bücher. Zum einen, weil mein Bücherschrank übervoll ist und zum anderen, weil ich eine App entdeckt habe, die mir täglich eine kleine Portion meiner Markierungen präsentiert. So werde ich immer wieder daran erinnert und werde, wenn ich das möchte, vom Stil meiner Lieblingsautoren beeinflusst.

Eine weitere gute Quelle, um die passende Formulierung zu entdecken, sind Synonym-Wörterbücher. Wie langweilig ist es zu lesen, dass eine Person die Straße entlang ging, dann in einen Laden hinein ging, anschließend zum Bahnhof ging. Woxikon ist eine Seite, die ich gerne nutze, wenn ich merke, dass ein Wort nicht genau trifft, was ich ausdrücken will. Dort gibt es für das Wort „gehen“ 748 Synonyme in 34 Gruppen. Was für ein Unterschied, wenn da jemand die Straße entlang schritt, schlenderte, stakste oder hinkte. Die Veränderung eines Wortes um eine Nuance kann die Magie zurückbringen.

Arbeit mit Wortwolken

Cluster, die du um ein Wort herum weben kannst, bereichern deine Texte nicht nur mit Wörtern, sondern auch mit Bildern und Ideen. Du schreibst deine Idee oder dein Wort in die Mitte eines Blattes. Dann stellst du dir den Timer auf 2-5 Minuten und füllst das Blatt mit Assoziationen. Falls du noch nicht zufrieden bist, wiederholst du das Ganze mit einem der gefundenen Wörter.

Zum Thema „Übergänge“, über das ich demnächst einen Blogartikel schreiben möchte, habe ich eine Wortwolke erstellt, die mir für meinen Beitrag reichlich Inspiration liefert.

 

  • Brücken
  • Überqueren
  • Zurücklassen
  • Entdecken
  • begrenzen
  • usw.
Wort Cluster erstellen Beispiel

Wusstest du schon, dass ich meine besten Schreib-Tipps und Impulse regelmäßig mit den Leserinnen meines Sonntagsletters teile?

Überfrachtung:

Wann wird es zu viel?

Der Grat zwischen Eleganz und Überladung ist schmal. Die Wortmagie funktioniert nur, wenn du sie behutsam einsetzt. Ein einzelnes, wohlplatziertes Wort kann einen Text erstrahlen lassen, während zu viele davon ihn erdrücken. Die Kunst besteht darin, dem Text Raum zum Atmen zu lassen. Eleganz entsteht aus Klarheit, während Überladung das Wesentliche verdeckt. 

Im Moment der Überladung gerät deine Erzählung ins Stolpern. Anstatt die Leserin mühelos durch die Sätze gleiten zu lassen, bleibt sie hängen – an zu vielen Adjektiven, an übertriebenen Metaphern, an Wörtern, die wie funkelnde Edelsteine wirken sollen, aber zu schwer auf dem Papier liegen.

Die Magie verblasst, wenn der Text zu viel will. Anstatt Klarheit und Eleganz zu schaffen,  erstickt der Text an seiner eigenen Pracht.

So hältst du die Balance zwischen Schönheit und Lesbarkeit.

Das kannst du ausprobieren, wenn glaubst, es war zu viel des Guten:

1. Wenn du dir das Geschriebene laut vorliest, spürst du schnell, ob er fließt oder ins Stocken gerät. Zu viele poetische oder komplizierte Wendungen machen das Vorlesen schwer und deuten auf Überladung hin.

2. Vermeide es, zu viele Adjektive aneinanderzureihen. Meistens reicht ein treffendes Wort aus, um die gewünschte Stimmung zu erzeugen. Zu viel bildhafte Sprache ermüdet den Leser. Hebe also lieber nur die Schlüsselstellen hervor.

3. Gib der Geschichte etwas Zeit. Lass sie ruhen, bevor du sie erneut liest. Mit frischem Blick erkennst du leichter, wo du übertrieben hast und wo du sie straffen kannst.

4. Frage dich bei Formulierungen, die du besonders liebst, warum du sie gewählt hast. Manchmal dienen sie an dieser Stelle eher deiner Eitelkeit 😉 als der Geschichte. Dann pack sie zurück in deine Wortschatz-Sammlung. Dort darf sie auf einen passenderen Moment warten. (Fun-Fact: Beim Lesen nach der Veröffentlichung musste ich an dieser Stelle auch einen Satz streichen.)

5. Vertraue darauf, dass auch einfache Wörter und Sätze wirken. Manchmal sind klare, prägnante Formulierungen kraftvoller als komplexe Ausdrücke.

So wie ein elegantes Kleid normalerweise nicht über und über mit Rüschen besetzt ist, darf auch dein Text mit einigen gut platzierten Perlen leuchten und die Leserinnen oder dich als Tagebuchschreibern bezaubern.

Resümee

Schöne Wörter machen Texte zu etwas Besonderem. Sie zaubern Bilder in die Köpfe der Leser, wecken Emotionen und lassen Geschichten lebendig werden. Doch der Schlüssel zu einem gelungenen Text liegt in der Balance.

Magisch zu schreiben erfordert, dass du die richtige Dosis an Eleganz findest und gleichzeitig die Klarheit bewahrst. Indem du schöne Wörter bewusst und gezielt  einsetzt und regelmäßig hinterfragst, ob sie dem Text dienen, bringst du das besondere Leuchten in deine Geschichten.

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