Da hast du dir dieses wunderschöne Notizbuch gekauft und nun liegt es da und wartet auf einen gewichtigen, bedeutungsschweren Eintrag. Und wartet. Und wartet. Denn du hast so viel Respekt vor den leeren Seiten.

Und was passiert schon in deinem Leben, das wichtig genug wäre, in einem Tagebuch aufgeschrieben zu werden? Stop!

Mit diesen fünf Zutaten (und einer kleinen Vorlage) zum Tagebuch schreiben sitzt du nie mehr ratlos vor dem weißen Blatt. Stattdessen wird dein Herz vor Freude hüpfen, sobald du den Stift zur Hand nimmst. Das ist unser Ziel und ich nehme dich mit auf den Weg.

Man nehme:

Tagebuch-Zutat: Eine erzählenswerte Geschichte

Deine Geschichte, liebe Leserin, ist wichtig, weil du wichtig bist. Offenbar kann ich es gar nicht oft genug sagen. Viele tausend Jahre Patriarchat haben die Idee, dass nur männliche Heldengeschichten erzählenswert sind, tief in unsere DNA eingeschrieben.

Schon Plato verkündete vor 2400 Jahren, wir Frauen seien „daran gewöhnt, verborgen und im Dunkel zu leben“. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Für meinen Newsletter suche ich Woche für Woche nach einem passenden Zitat – ganz bewusst nach einem Zitat einer Frau. Doch in den allgemeinen Zitate-Sammlungen kommt gerade mal eine weibliche Autorin auf 100 männliche Schreiber. Das darf sich ändern.

Weibliche Texte dürfen anders sein. Gerade habe ich das bemerkenswerte Buch „Ein Geist in der Kehle“ der irischen Lyrikerin und Essayistin Doireann Ní Ghríofa gelesen, der mit eben diesen Worten beginnt:

„Dies ist ein weiblicher Text, erdacht beim Falten der Kleidung anderer. Ich trage ihn bei mir im Geist und er wächst, allmählich und sacht, während meine Hände Tausende Pflichten verrichten. Dies ist ein weiblicher Text, entstanden aus Schuld und Begehren, verwoben mit einem Soundtrack von Kinderreimen aus Zeichentrickfilmen.

Dies ist ein weiblicher Text, und es ist ein kleines Wunder, dass es ihn überhaupt gibt, … Dies ist ein weiblicher Text, geschrieben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wie spät es ist. Wie viel sich verändert hat. Wie wenig.“ 

In ihrem Buch, das sich weder der Gattung Roman noch Biografie zuordnen lässt – ja, auch das ist typisch weiblich – beschreibt die Autorin Doireann Ní Ghríofa autofiktional ihren Alltag zwischen vier Kleinkindern, dem Stillen, dem Aufwischen verschütteter Getränke, dem wiederholten Vorlesen der Geschichte von der Raupe Nimmersatt und ihrer eigenen unersättlichen Sehnsucht in die Geschichte der Autorin eines Klageliedes aus dem 18. Jahrhundert einzutauchen und sie detektivisch zum Leben zu erwecken. Alles ist ihr wichtig, um diese weiblichen Geschichten zu erzählen. Nichts ist zu klein. Nicht einmal ein vor Zeiten abgebrochener Henkel einer Tasse.

Deine Geschichte wird also den Wert haben, den du ihr gibst. Du hast „nichts weiter getan“ als …

  • mit deinen Kindern zu spielen?
  • deine alten Eltern zu besuchen und ihre Klagen anzuhören?
  • die Rosen in deinem Garten von einer Kolonie Blattläuse zu befreien?
  • mit der Nachbarin, deren Mann im letzten Monat verstorben ist, über das Wetter zu sprechen?
  • am Küchentisch zu sitzen und von einer Reise nach Frankreich zu träumen?

Für mich klingt das nach einem Stoff für wunderbare Geschichten. Denn das ist das Leben und ich würde gern davon lesen, falls du dich je dazu entschließt, deine Geschichten zu veröffentlichen. Doch jetzt schreibe gerne erst einmal für dich. Das darfst du dir wert sein.

 

Tagebuch-Zutat: Eine gute Beobachtungsgabe

Wie bekommst du nun also etwas Farbe in deine Geschichte? Dafür verrate ich dir einen kleinen Trick und liefere gleich die Vorlage dafür, die du dir hier kostenfrei herunterladen kannst.

Besonders am Anfang, wenn du noch ungeübt bist, hilft es dir, die Szene, die du beschreiben möchtest, erst einmal auf einem Notizblatt zu skizzieren.

 Was hätte ein Beobachter sehen können?

Notiere in kurzen Stichpunkten, wer anwesend war, welche bemerkenswerten Kleidungsstücke jemand trug, in welchen Räumen deine Erzählung spielt, wie das Licht war und welche Dinge und Farben vorherrschten.

Was wurde gesagt oder gedacht?

Was haben die Personen gesagt? Und was hast du dir in dieser Situation gedacht? Welche persönlichen oder familiären Muster hast du wahrgenommen (Typisch Mama! Immer macht sie …)

Welche Gefühle, Wünsche oder Träume hattest du in der Situation?

Sei ehrlich zu dir selbst, auch und gerade dann, wenn du vielleicht in dieser Situation mit deiner Verletzlichkeit konfrontiert wurdest. Sei dir in diesen Momenten selbst eine gute Freundin und nicht deine schärfste Kritikerin.

Jetzt geht es an die eigentliche Schreibarbeit. Suche so viele Details, wie deine Geschichte braucht, um lebendig zu wirken. Auch, wenn du nur für dich selbst schreibst. Dabei ist es nicht nötig, die Erzählung künstlich aufzupeppen. Die Magie entsteht aus der Authentizität und daraus, dass du den Menschen, Gedanken und Dingen, die zu deinem Leben gehören, durch das Aufschreiben auf Papier oder in ein Worddokument einen besonderen Platz gibst.

Mit einem Klick auf das Vorschaubild kannst du dir mein Arbeitsblatt kostenfrei und ohne Anmeldung herunterladen. 

Tagebuch-Zutat: Deine unverwechselbare Erzählstimme

Deine Erzählstimme, der Stil, wie du schreibst, entwickelt sich. Also bitte habe Geduld. Versuche nicht, wie jemand anderes zu klingen, sondern sei und bleibe du selbst. Je mehr du schreibst, um so besser wirst du entdecken, welche Elemente zu dir gehören und dich unverwechselbar machen.

Bei mir ist es – zumindest glaube ich das – meine warme, mitfühlende Art. Eine Klientin im biografischen Coaching nannte es neulich „behutsam“. Das hat mich sehr gefreut. Manchmal sind es meine ellenlangen Sätze, die du vielleicht zweimal lesen musst – mit jeder Menge Gedankenstriche. Und Sätze, die grammatikalisch gar keine sind. So wie der eben. Und dieser. Und die Prise Humor, die ich gern dazugebe, weil auch die zu mir gehört. All das hat sich entwickelt und war keineswegs von Anfang an so.

Stehe zu deinen natürlichen sprachlichen Mustern und Vorlieben. Jeder Mensch hat Worte, die er besonders gern – und in der Regel häufig – benutzt. Eine ehemalige Kollegin beschrieb Dinge, die ihr besonders gut gefielen, stets mit dem Ausruf „Vom Feinsten!“ Das hätte ich auch in ihren Geschichten lesen wollen. Mit der Zeit entwickelst du ein Gespür für Rhythmus und Klang deiner Sprache.

Immer wieder werden die Texte anderer Autorinnen und Autoren deinen Schreibstil beeinflussen. Das ist ein normaler, organischer Prozess. Durch häufiges Lesen und Schreiben wirst du deine authentische Ausdrucksweise immer weiter entwickeln. Deine Ausdrucksweise wird in diesem Prozess jeweils deine einzigartigen Erfahrungen, Perspektiven und kreativen Impulse widerspiegeln.

Ich liebe es total, anderen Frauen Mut zu machen, das Eigene zu finden. Mehr darüber liest du in meinem Blogartikel „Mut zum Eigensinn“.

Tagebuch-Zutat: Der Rahmen deiner Geschichte

Stelle deine Geschichte in einen größeren Zusammenhang. Auch wenn ich dir gesagt habe, dass keine Geschichte, die für dich eine Bedeutung hat, zu klein ist, um erzählt zu werden, sehe ich sie gerne in einem größeren Kontext.

Wäre ich Leserin deines Tagebucheintrages, so wüsste ich gern, was bedeutet diese Geschichte für dich persönlich, für deine Entwicklung, für deine Familie oder dein Umfeld. Oder gar für unsere Gesellschaft, wenn es eine Geschichte von so weitreichender Bedeutung ist, weil du vielleicht auf einer Omas-gegen-Rechts-Demo warst oder deine Enkelin dich gefragt hat, was passiert, wenn die Hummeln, die durch deinen Garten summen, ausgestorben sind.

Zuweilen solltest du der Geschichte in deinem Tagebuch noch ein Reframing verpassen. Entschuldige, Reframing ist ein typischer Coaching-Begriff. Er bedeutet so viel wie Neurahmung oder Umformung. Als Coachin finde ich es äußerst wichtig, darauf zu achten, wie wir uns unsere Geschichten erzählen.

Als junge Frau erzählte ich mir eine bestimmte Geschichte immer wieder aus der Opferperspektive. Zehn Jahre lang, bis ich von mir selbst genervt war und endlich etwas ändern wollte. Heute kann ich gnädig mit mir darüber sein. Und ja, auch daraus habe ich am Ende etwas gelernt. Ich bin so viel mitfühlender geworden mit Menschen, die notwendige Schritte (noch) nicht gehen können. Scheinbar musste ich es erst selbst erfahren. Du hast es sicher bemerkt, auch das ist ein Reframing.

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Tagebuch-Zutat: Eine knackige Überschrift oder ein treffendes Fazit

Du könntest deine Einträge natürlich auch mit „Liebes Tagebuch“ beginnen. Für mich klingt das nach Schulmädchen-Stil. Anne Frank schrieb ihr Tagebuch an eine imaginäre Freundin namens Kitty. Vielleicht magst du dir eine Freundin als Empfängerin oder Leserin vorstellen. Doch auch für diese – und erst recht für dich selbst – darfst du es spannend machen. 

Lange Zeit startete ich einfach mit dem Datum und schrieb dann los. Doch irgendwann entdeckte ich den Zauber der Überschriften. Welche Überschrift würde ich diesem Tag oder diesem Tagebucheintrag geben? Und plötzlich wird es so viel lebendiger, auch beim Zurückblättern.

Wobei ich gestehe, dass ich die jeweilige Überschrift immer als letzte verfasse, also in der Regel oben unter dem Datum noch etwas Platz dafür lasse. Auch in der Wahl der Überschriften wird sich deine Erzählstimme zeigen. Schau mal hier in das zauberhafte Online-Tagebuch von Luisa Francia. Und lasse dich ein bisschen inspirieren. Auch so kann es einfach gehen.

Eine andere Variante ist der schöne Schluss-Satz, mit dem du die Essenz deines Eintrages noch einmal auf den Punkt bringst. Mindestens „Das war ein schöner Tag.“ oder manchmal auch „Wenn das mal gut geht!“ Na, hoffentlich.

Je mehr sich dein neues Tagebuch mit Einträgen füllt, um so mehr werden sie sich miteinander verweben. Geschichte für Geschichte entsteht etwas Neues, Einzigartiges, auf das du stolz sein kannst.

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